Buchrezension: Ohne Bestand – Angriff auf die Lebenswelt von Michael Esders

Natürlich war ich gespannt, was jemand über die Thematiken schreibt, die mich seit vielen Jahren ebenfalls beschäftigen und die ich auf meinem Blog in Hunderten von Artikeln von allen möglichen Seiten betrachte. Und tatsächlich, um es gleich einmal vorwegzunehmen: Dieses Buch hat mir gerade noch gefehlt! Und das meine ich im eigentlichen Wortsinne. Aber der Reihe nach…

Worum geht es in dem Buch?

Michael Esders geht in seinem neuesten Buch „Ohne Bestand – Angriff auf die Lebenswelt“, aufgelegt in der Manuscriptum Verlagsbuchhandlung Edition Sonderwege der Frage nach, ob eine Gesellschaft ohne Bestände Bestand haben kann. Dass westliche Gesellschaften ihre Bestände zerstören und dies nicht aus „Fahrlässigkeit im Transformationsrausch“ geschieht sondern vorsätzlich, das steht für den Autor außer Frage. Diese Angriffe bzw. Attacken  wie die „Neue Normalität“ oder der durch das Coronaregime endlos verlängerte Ausnahmezustand zielen neben anderen auf das „Herz der Antriebe“ (Arnold Gehlen).

Ereignisse wie der Klimawandel,  die Massenmigration (seit 2015), die Corona-Pandemie und aktuell die Ukraine-Krise darf man nicht isoliert betrachten. Sie alle sind Angriffe auf unseren Bestand bzw. das Bestehende! Michael Esders verknüpft in seiner ausführlichen Bestandsaufnahme diese vielen vermeintlichen Einzelereignisse zu einem Gesamtbild, gespickt mit wertvollen, weiterführenden Hintergrundinformationen aus Geschichte, Philosophie und Soziologie. Der Autor geht in seinem Buch der Kernfrage nach, ob dieses „globale Experiment“, also die bewusste Auslöschung der Bestände, gelingen kann. Die größenwahnsinnigen Angriffsziele der „Sozialtechnologen“, die einen radikalen „Weltumbau“ („Build back better“), eine „Neue Normalität“ schaffen und etablieren wollen benennt und beschreibt Michael Esders in den vier Blöcken: 1) Lebensweltverlust, 2) Bestandslose Vernunft, 3) Sprachverlust und 4) Wirklichkeitsverlust.

Besonders sein Kapitel „Sprachverlust“ hat es mir angetan. Der Autor arbeitet hervorragend heraus, dass „die Sprache nicht nur ein Bestand unter vielen, sondern dessen „Inbegriff“ ist“. Die Sprache sei „nicht nur umfassendster kulturell-symbolischer Bestand sondern auch der Schlüssel seiner Vernichtung“. Michael Esders führt schlüssig aus, wie die „neu etablierte Gesinnungsgrammatik befangen macht und den Ausdruck lähmt“. Er konstatiert, dass „der Sprachumbau einem ähnlichen Muster folgt, wie der von einer hybriden Sozialtechnologie vorangetriebene Lebenswelt- und Weltumbau“.

Auch die von vielen Menschen genutzten „Emojis“ in digitalen Texten unterzieht der Autor einer kritischen Prüfung. Für ihn sind diese allgegenwärtigen Piktogramme „mehr als nur Äquivalente des Mimischen und Gestischen; sie sind Fluchtpunkt, heimliches Ideal der Netzkommunikation und offenbaren deren regressive Tendenz“. Gelinde ausgedrückt nicht hilfreich sind sie, da sie keine Syntax haben, nicht „urteilsbildend“ sind und „Widerspruch durch affektive Reaktion ersetzen“. Sehr interessant ist es für mich, diese eigentlich so harmlos daherkommenden Emojis unter diesen völlig neuen Gesichtspunkten zu betrachten und vor allem auch, wer drüber entscheidet, welche Emojis zugelassen bzw. implementiert werden.

Auch was Michael Esders über das „Biopolitische Sprachregime“ herausarbeitet, ist äußerst bedeutend und zugleich erschreckend: Dieses „Biopolitische Sprachregime lässt unbefragt Gültiges als fragwürdig, ja gefährlich erscheinen und codiert so die symbolische Struktur der Lebenswelt als Inbegriff der Fraglosigkeit neu“.

Beklemmend auch der „Wirklichkeitsverlust“, den der Autor beschreibt und dass „die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts viele Belege für den Zusammenhang zwischen Wirklichkeitsverlust und Totalitarismus bietet“. Zwar sei der „Antirassismus heute feinstofflicher, engmaschiger, subtiler als in den großen totalitären Systemen…. die neue Objektivität hat den Charakter einer Matrix, welche die Subjekte von der erfahrbaren Realität entkoppelt, ihre Wahrnehmung kanalisiert und ihr Denken gerade dort auf Linie bringt, wo es sich autonom wähnt“. Fantastisch und absolut treffend formuliert!

Der Autor beschreibt die „Atmosphäre der Unberechenbarkeit, die sich ausbreitet, die nicht nur wissenschafts-, sondern auch in hohem Maß lebensfeindlich ist“ und fragt schließlich, ob eine „radikal entüblichte Welt“ noch lebenswert bzw. lebbar ist.

Ein Buch für Fortgeschrittene

Michael Esders Buch ist eine schonungslose und in die Tiefe gehende Analyse und Bestandsaufnahme unserer westlichen Gesellschaften, die Gefahr laufen, ihr tragendes Fundament, nämlich die gesellschafts- und werteerhaltenden  Bestände zu verlieren! Er führt uns schmerzlich vor Augen, wohin wir als Gesellschaft driften, wenn wir unsere Bestände verlieren bzw. aus der Hand nehmen lassen.

Dieses Buch regt zum Nach- und Weiterdenken an und ermutigt dahingehend, aktiv gegen den „sozialtechnologischen Weltumbau“, gegen „den Angriff auf unsere Sprache“ und gegen einen „endlos verlängerten Notstand“ aufzustehen und als „konservative  Bestandsdenker“ in den „bestandsbewussten, konservativen Widerstand zu gehen“.

Michael Esders bemerkenswertes Buch mit wertvollen Gedanken ist ein Buch für Fortgeschrittene und richtet sich an intellektuell anspruchsvolle Leser, denen die Gesamtmaterie nicht fremd ist und die Wert auf gehobene Sprache und anspruchsvollen Ausdruck legen. Auf seine profunden Gedanken muss man sich einlassen wollen und können. Der Autor hat sich wirklich große Mühe gegeben und gibt uns wertvolle Impulse zum Weiterdenken an die Hand. Mit halbgaren Binsenweisheiten, Plattitüden oder abgedroschenen Phrasen gibt sich Michael Esders gar nicht erst ab. Er geht gleich ans Eingemachte und deckt Hintergründe und Mechanismen auf, die zu dem führten, was sich uns heute erschreckend darstellt und was eben nicht einfach so über Nacht über uns hereingebrochen ist.

Gerade der bereits informierte Leser wird mit diesem wichtigen Buch voll auf seine Kosten kommen, da Michael Esders uns präzise ausgearbeitete Gedanken und Informationen an die Hand gibt und uns dadurch ermöglicht, weitere Puzzlesteine zu einem Gesamtbild der deprimierenden Lage in unserem Land bzw. in der westlichen Welt zusammenzufügen. Wer seine sprachlichen Milchzähne abgelegt hat und geistig feste Nahrung zu sich nehmen möchte, wer sich auf diese sprachlich, wie inhaltlich anspruchsvolle Kost einlässt, wird begeistert sein.

Ja, dieses Buch hat mir wirklich gerade noch gefehlt. Es ist bittere Medizin und zugleich erhellendes Wahrheitsserum. Wer auf der Suche nach dem großen Ganzen ist, wird hier fündig.

Lieber Michael Esders, vielen Dank für dieses Buch und die freundliche Überlassung eines Rezensionsexemplars.

Gerade jetzt bietet es sich als kostbares Weihnachtsgeschenk auf dem Gabentisch an. Wer es erwerben möchte, kann es hier tun:

https://www.manuscriptum.de/ohne-bestand.html

Ein Kommentar zu „Buchrezension: Ohne Bestand – Angriff auf die Lebenswelt von Michael Esders

  1. „Faustisch“ sein heißt also mehr, als nur hinterfragen, Tamara. Es ist der Drang ins Unendliche, hinter den eigenen Horizont, der sich schließlich mit einer Auflehnung gegen Gott paart, dessen Platz man einnehmen zu können meint.
    Dieser Impuls hat zur Entwicklung der faustischen Technik geführt, der per se etwas Luziferisches innewohnt. Zwar hatten alle Hochkulturen eine Phase der Technik, weil in den Städten, die am Ende alle Entwicklung des Kulturkreises dominieren, der Rationalismus, der planende und organisierende Geist überwiegen. Diese Technik blieb jedoch stets in einem gewissen Rahmen des naheliegenden Praktischen. Keine der anderen Hochkulturen wäre auf den Gedanken gekommen, eine Naturwissenschaft zu begründen, die zunächst für eine beträchtliche Zeit zum reinen Selbstzwecke methodisch ausgefeilt die Naturgesetze erforscht, ohne daß damit unmittelbar eine praktische Anwendung verbunden gewesen wäre. Als im 19. Jahrhundert durch die Übermacht des Stadtwesens mit der Geschäftstüchtigkeit des Bürgertums praktische Notwendigkeiten entstanden, lagen die naturwissenschaftlichen Grundlagen nach einer langen Wissenschaftstradition, die bis zu den Klöstern des Mittelalters zurückreicht, bereits vor und die faustische Technik erhielt einen gewaltigen Schub. Schließlich rückte die technische Entwicklung als rationale Begründung selbst in den Mittelpunkt des Prozesses. Entwickelt wurde nun, um weitere Lebenserleichterungen, Wohlstand und Vorteile im Kampfe der Großmächte zu erlangen, wofür immer weitere und vielfältigere Rohstofflager erschlossen werden mußten, was wiederum die Entwicklung spezieller Technologien erforderte. Die faustische Technik wurde zum Selbstläufer, der Machbarkeitswahn durch in der Menschheitsgeschichte nie gekannte Erfolge ins Unermeßliche gesteigert. Sie bekam dabei den Charakter einer realtranszendenten, also aus dem Jenseitigen ins Diesseits übertragenen, innerweltlichen Erlösungsversprechung. Der faustische Mensch hat also beschlossen, sich mittels seines Forschergeistes und ohne Gott selbst zu erlösen, selbst sein eigener Gott und Herr über die Natur zu werden. Das ist der Kern des faustischen Paktes mit dem Teufel, der durch uns versucht, seine Auflehnung gegen Gott umzusetzen.

    Diese innere Verfassung unser Zivilisation und der vorangegangenen Kultur ist anderen Kultur- bzw. Zivilisationskreisen völlig fremd, auch wenn sie an der Oberfläche das selbe zu tun scheinen, wenn sie eine veritable Konkurrenz für die westliche Vorherschafft darzustellen sich anschicken. Allerdings ist dies ihrerseits nur eine von außen an sie herangetragene Notwendigkeit. Sie sind gezwungen, sich selbst aufzugeben und unseren Wegen zu folgen, um bestehen zu können, wodurch der teuflische, korrumpierende Charakter des Faustischen abermals zur Geltung kommt. Dadurch werden sie in den Selbstläuferprozeß der faustischen Technik ebenfalls hineingerissen und können nicht austreten, ohne zugrundezugehen. Gewissermaßen ist für die nichteuropäischen Völker die Entwicklung eigener Hochtechnologie ihre Methode, sich gegen die diesseitige, weltbeherrschende Gottheit zu erheben, zu der sich der faustische Mensch gewandelt hat. Sobald dieser falsche Gott beseitigt ist, besteht keine Notwendigkeit für eine technische Weiterentwicklung, die nie inneres Bedürfnis, sondern immer nur Reaktion war. Die Folge wäre entweder Stagnation und Rückschritt oder – sollte der Sieg über die faustische Zivilisation mit Kollaps und Massensterben verbunden sein – das Unterlassen, den verlorenen technischen Stand wiederzuerlangen.

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