Abschied aus Sachsen

Jetzt ist es raus. Ich ziehe schon wieder um. Weg aus Sachsen, dem knorken Bundesland mit großem Herzen und vielen aufrechten Sachsen mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Nach fast zwei Jahren hier im hübschen Städtchen Meißen an der Elbe streiche ich nun erneut die Segel um aufzubrechen zu neuen Ufern. Dies tue ich wieder mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Zurück zu den Wurzeln

In gut vier Wochen ist es also soweit. Der Umzug steht an. Seit einigen Wochen schon habe ich wirklich sehr viel um die Ohren, denn einem Umzug geht viel Organisatorisches voraus. Eine neue Wohnung musste zuerst gesucht werden und das war ein totaler Glücksfall solch eine Wohnung in einer der schönsten Gegenden, die ich mir vorstellen kann, zu finden. Wenn das Glück einem hold ist, sich quasi auf einem goldenen Tablett darbietet, dann muss man es doch ergreifen, oder? Manchmal sind die Türen geöffnet und Wege geebnet und man braucht einfach nur noch hindurchzugehen. So ergab es sich, dass ich wieder an einen Ort zurückkehren kann, mit dem ich mich in gewisser Weise verbunden fühle und an dem ich eine lange Zeit auch lebte und arbeitete. Ein Ort, den ich früher gar nicht so zu schätzen wusste, da mir damals noch gar nicht so recht klar war, was mir eigentlich wirklich wichtig im Leben ist und woran ich mit meinem Herzen hänge. Ich gebe zu, ich hin hoffnungslos nostalgisch und ich freue mich über alle Maßen, bald wieder dort zu sein, wo zwar nicht alles, aber vieles begann. Ein Ort, wo auch Menschen leben, die mir sehr viel bedeuten und die ich um mich haben möchte. Denn – wer weiß, wie es noch kommt!?

Was kommt denn da für‘n wüster Krach aus Frankfurt, Darmstadt, Offenbach?

Ich freue mich auf das kleine und noch immer beschauliche Städtchen am äußersten Rand des Rhein-Main-Gebiets, das sich idyllisch an den Main schmiegt und in dem Menschen leben, die ihre Traditionen noch leben und lieben. Das Städtchen, in dem ich das tolle Sommermärchen im Jahre 2006 erleben durfte. Einen unbeschwerten, fröhlichen Sommer, den ich niemals vergessen werde. In meinem Artikel „Deutschland, ein Sommermärchen“ habe ich dieses Fußball-Sommermärchen und das Lebensgefühl damals, als die Welt noch halbwegs in Ordnung war, thematisiert.

Unser David Bowie heißt Heinz Schenk

Es hört sich jetzt vielleicht etwas schwülstig an, wenn ich so überbordend über Hessen schreibe aber tatsächlich empfinde ich es so. Ob ich will oder nicht, ich bin hessisch sozialisiert und zwar durch und durch. Ich liebe die Hessischen Landschaften, das trubelige Rhein-Main-Gebiet, die hessische Küche mit Handkäs mit Musik, grüner Soße und Ebbelwoi. Ich liebe den Erzeugermarkt auf der Frankfurter Konstablerwache oder das Mainufer, auf dem man so schön Fahrradfahren kann. Ich liebe den Offenbacher Wochenmarkt. Dort kenne ich die Stände von der Tomaten Heidi oder dem Kräuter Schecker von den Oberräder Gärten. Oder den hervorragenden  Büffelmozzarella der Käserei L’Abbate aus Offenbach. Ich mag die hessische Geselligkeit in den gemütlichen Apfelweinkneipen und auch den weichen hessischen Dialekt. Immer wenn ich ihn höre, dann fühle ich mich gut und ein wohliges Heimatgefühl stellt sich ein. Ich freue mich darauf, wenn ich zu „Pfannkuchen“ endlich wieder „Kreppel“ sagen kann, ohne dass mich einer schief ansieht. Oder das lockere „Ei Gude“, der hessische Gruß, wenn man jemanden trifft und überhaupt das Hessische Schlappmaul, das alles habe ich vermisst.

Erbarmen zu spät….

Was hat’n da de Pappa da?
Der hat e Flasch Grappa da de Pappa.
Wo hat dann der Pappa die Flasch‘?
De Pappa hat de Grappa in die Tasch‘.
(Rodgau Monotones)

Erst, wenn man diesen hessischen Kultsong „Erbarmen zu spät, die Hesse komme“ von den Rodgau Monotones auswendig kann oder weiß, dass der Süßgespritzte nur von Banausen getrunken wird und wenn man den Handkäs mit nur einem Messer essen kann, dann ist man in Hessen vollständig assimiliert und angekommen 🙂

Ich freue mich auf mein Stammcafé, das Börsencafé  „Bull & Bear“ in dem ich unzählige, vergnügliche Stunden mit unterschiedlichsten Menschen verbrachte und in dem es den besten Aperol Sprizz  der Stadt Frankfurt gibt. Toll ist es, dort am Schillerplatz an der Börse zu sitzen und die vorübergehenden Menschen und Touristen zu beobachten, die am Freitag über den belebten Schillermarkt schlendern, auf dem es neben Bratwurst, grüner Soße und Handkäs viele tolle Leckereien aus aller Welt gibt.

Fantastisch ist auch die Frankfurter Kleinmarkthalle, in der es Obst, Gemüse sowie Köstlichkeiten aller Couleur und vor allem natürlich die warme Kult-Fleischwurst bei Frau Schreiber gibt. An diesem unscheinbaren Imbiss bilden sich lange Schlangen von Menschen, die sich diese beste Fleischwurst der Stadt Frankfurt nicht entgehen lassen wollen.

Und auch auf den Sandhund freue ich mich. Hier in Sachsen habe ich den rumänischen Sandhund, der in einer westdeutschen Fußgängerzone einfach nicht fehlen darf, seltsamerweise noch niemals gesehen. Sogar einen eigenen Artikel habe ich diesem possierlichen Sandhund und seinen begabten Erbauern gewidmet (Denkt Euch hier bitte ein Zwinker-Smiley). Hier ist er: Die neue Vielfalt in der Stadt – Der rumänische Sandhund

Und ja, bei all der Schwelgerei vergesse ich nicht all die Probleme gerade im Ballungsgebiet Rhein-Main mit hoher Migration und allem was dazugehört. Das will ich überhaupt nicht schön- oder kleinreden. Ich erwarte dort kein Paradies, denn spätestens seit Tschechien weiß ich, dass es das Paradies nicht gibt und dass die Flucht ins Ausland oder irgendwohin zumindest für mich nicht die Lösung ist. Es ist nicht außerhalb zu finden, das Glück oder die innere Zufriedenheit. Das Paradies ist dort, wo ich bin und wo Menschen um mich sind, die mir etwas bedeuten und mit denen mich etwas verbindet.

Die Sachsen und ihre Soljanka

So zieht es mich also wieder weg aus Sachsen. Ganz heimisch bin ich hier leider nicht geworden. Man merkt, wie anders die Menschen hier im Osten und speziell in Sachsen konditioniert und sozialisiert sind durch jahrzehntelangen Sozialismus. Dadurch haben sie ein besonderes Gespür für fiese Machenschaften der Regierung entwickelt und daher kann man denen auch nichts vormachen. Das ist großartig und da könnten wir Wessis uns wirklich eine Scheibe abschneiden. Aber trotzdem, irgendwie blieb mir die Mentalität hier doch fremd. Ich habe erkannt, dass ich nirgendwo anders leben möchte als an mir vertrauten und lieb gewordenen Orten. Auch, wenn jene auch in Westdeutschland von Klimawandel- und Massenmigrations-Apologeten  zur Unkenntlichkeit zerstört werden. Jedoch möchte ich trotzdem nicht irgendwo in einer Exildeutschen Kommune im Ausland hocken und mich an abendlichen Stammtischen mit dort ebenfalls gestrandeten Auswanderern darüber auskotzen, wie Schlecht doch alles in Deutschland ist. Nein, das ist nichts für mich.

Nicht nur, dass ich mit der Soljanka, einem Tomaten-Wurst-Suppen-Überbleibsel der DDR, nicht wirklich warm geworden bin und so gern ich auch die leckere Eierschecke oder die Quarkkeulchen gegessen habe, so sehr vermisse ich doch den Frankfurter Kranz und andere hessische Leckereien.

Auch fehlen mir hier im Ort Wander- und Spazierwege, wenn man nicht gerade am Märchenschloss Moritzburg mit gefühlt Tausenden von Tschechen spazieren gehen möchte. Es gibt hier einfach keine Spazierwege außerhalb des Ortes. Das war in Tschechien ebenfalls so und störte mich auch dort schon sehr.  Es gibt hier sehr viel Schönes, schöne Landschaften, die man aber außer auf der Landstraße mit dem Auto fahrenderweise ansonsten zu Fuß nicht begehen kann. Es fehlt manchmal an gewisser Infrastruktur, die zum längeren Verweilen einlädt. Und dann gibt es hier seltsamerweise kaum gewachsene Wochenmärkte oder auch Hofläden, die man in Hessen in jedem Städtchen und über Land zuhauf findet. Die tiefen Spuren des Sozialismus sind hier in Sachsen auch nach 30 Jahren in vielen Städten und Orten noch teilweise sichtbar. Dafür können die Leute selbstverständlich nichts. Aber man erkennt schmerzlich, so wie auch in Tschechien, wie zerstörerisch der Sozialismus wütete. Er hat Wunden geschlagen an Gebäuden, Städten und auch an den Menschen. Zum Heulen.

Manche eigentlich sehr schöne kleinere Städtchen mit teilweise schönen Gebäuden und Potential für mehr sterben einen einsamen Tod. Die Städtchen um Meißen herum, Riesa, Großenhain oder Nossen sind quasi tot. Wahnsinnig hoher Leerstand und kaum Menschen sind dort unterwegs. Ja, jetzt könnte man anfügen, dass dies auch im Westen bald so sein wird. Das ist unendlich traurig. Die Leute hier verbringen ihre Wochenenden in ihren Kleingärten und sind nicht so konsum- und bummelfreudig wie ich das vom Westen her kenne. Und komischerweise haben hier sehr wenige Menschen Hunde. Ich habe noch nie so wenig Hundebesitzer gesehen wie hier in Meißen und Umgebung. Gab es im Sozialismus keine oder nur so wenig Haustiere?

Witzig ist, dass hier nach jedem Abschluss an der Fleischtheke die obligatorische Frage der Verkäuferin kommt, ob man noch etwas Hackepeter haben möchte 🙂 Irgendwie wollen die hier andauernd ihren Hackepeter an den Mann und die Frau bringen. In Hessen heißt das übrigens Mett aber essen mag ich es trotzdem nicht mehr, weder in Sachsen noch in Hessen, denn rohem Fleisch, das stundenlang in der Theke vor sich hin gammelt, traue ich schon rein salmonellenmäßig eher nicht so über den Weg.

Die Sachsen und ihre Simse

Das Kultmotorrad der DDR war die Simson S51 . Und diese „Simse“ bedeutete für die vom Regime eingesperrten DDRler ein Stück (Bewegungs-)Freiheit. Voller Wehmut denken die Menschen hier an dieses Motorrad zurück und in einer Neuauflage wird es sogar heute wieder im Radio verlost. Die Gewinner sind voller Freude und berichten dann von ihren Erinnerungen in der DDR mit diesem Kult-Motorrad.

Vermissen werde ich auf jeden Fall stets die zwei super aufgelegte Radiomoderatoren „Uwe und Katja“, die einem so manch langweilige Autofahrt stets versüßt haben und mir mit ihrer guten Laune und ihrem Witz sowie tollen 80er Jahre Hits noch lange in schöner Erinnerung bleiben werden. Auch klasse ist, dass hier immer mal wieder zwischen vielen internationalen Hits wunderschöne Songs aus der DDR Zeit gespielt werden. Man merkt, dass so manch einer hier mit einer gewissen Wehmut an die „gute alte Zeit“ in der DDR zurück denkt. Alles war wohl tatsächlich nicht so schlecht im Osten, ebenso wenig wie im Westen alles gut war.

Ich bin froh und dankbar für Vieles, das ich hier in Sachsen erleben und kennen lernen durfte. Das hat meinen Horizont ungemein erweitert. Es hat mir aber auch gezeigt, was mir fehlt und woran ich doch mehr hänge, als ich mir das jemals vorher hätte eingestehen wollen.

Mit einem wunderschön melancholischen und melodischen Lied der Band Karussell möchte ich schließen:

Als ich fortging…

Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein
Ich weiß, du willst unendlich sein, schwach und klein
Nichts ist von Dauer, wenn’s keiner recht will
Auch die Trauer wird da sein, schwach und klein.

Zurückkehren werde ich wohl nicht mehr. Aber Zurückdenken werd‘ ich immer gern an Dich.

Adieu Sachsen. Leb wohl.

Auf meinem Telegram-Kanal „Tamaras Telegram Tagebuch“ widme ich mich tagesaktuell vor allem den Themen „Great Reset“ bzw. „Transformation/Zeitenwende/Agenda 2030“. Über Euren Besuch dort würde ich mich freuen :-). Unter folgendem Link gelangt Ihr direkt dorthin:
https://t.me/+ec6jiq_a9FkyMWIy

10 Kommentare zu „Abschied aus Sachsen

  1. Eine Liebeserklärung an Hessen. Lese sie aus meinem geliebten Frankreich und muss als Frankfurterin darüber schmunzeln. Bin gespannt und wünsche Ihnen, dass Sie es in Zukunft genauso positiv sehen.
    Willkommen zurück in der Heimat!

    Gefällt 1 Person

  2. Willkommen zurück hier im wuseligen RMG!
    Aber auch hier ist über die Coronazeit einiges verloren gegangen und hat sich Einiges zum Schlechten gewandelt. Ansonsten kann ich Ihnen nur zustimmen. Die alte Heimat hat man immer ganz tief im Herzen. So schön hier die Landschaft, so toll die Feste. Für mich steht fest, dass ich mit Eintritt der Rente wieder zurück in meine Heimat ziehen werde. Und dabei lebe ich schon über 32 Jahre hier.

    Gefällt 2 Personen

  3. Sehr schade, dass du uns wieder verlässt. Ich kann es dir aber nicht verübeln, wenn es dich wieder in deine Heimat zieht, das ist wahrscheinlich auch ein gewichtiger Grund, der mich hier bleiben lässt.
    Ich wünsche dir schon einmal viel Spaß in deiner neuen alten Gegend und hoffe du behältst uns in guter Erinnerung.

    Gefällt 2 Personen

  4. Also als alter Hesse aus der Mitte zwischen Ffm und Wiesbaden, nun aber seit 25 Jahren im Osten (südlich von Berlin) muß ich verschiedenes sagen.

    Ja, die Erinnerung an meine Heimat bringt ähnliche Gefühle hervor. Die wurden mir aber bei unseren beiden letzten Besuchen 2020 und 2022 genommen. Nein, da möchte ich nicht mehr hin. Meine Heimat ist zugebaut und die ehemals schöne Innenstadt beherbergt nur noch westasiatische Geschäfte und Sozialgeschäfte. Keine Bäckerei oder Metzgerei hat überlebt. Das Wohngebiet in dem ich groß wurde (Sozialwohnungen) beherbergt zu 90% Westasiaten oder Südländer. Gut, eine Verwandte von mir, die wir besuchten, wohnt noch dort. Wir sind früher von unserem Ort in den Taunus gewandert, vorbei an Erdbeerfeldern, Obstplantagen bis zum Kapellenberg und zur Viehweide oder Gundelhard. Alles verbaut heute bis man da mal hinkommt.

    Nun, hier hatten wir auch sehr lange Zeit keinen großen Kontakt. Wir haben die Zeit hier bis Corona genutzt um die vielen Theater und Konzerte zu besuchen und uns lange Zeit auf die Potsdamer Schlössernacht gefreut. Und der Park ist auch heute noch unser Anlaufziel. Alle 2 Wochen gehen wir dort spazieren. Mittlerweile haben wir, auch durch Corona, sehr viele Kontakte hier gewonnen die ich nicht mehr missen möchte. Im Gegensatz zum Westen sind die Menschen hier heller im Kopf.

    Ich denke mal das Empfinden für die Heimat liegt am Alter. Wir sind beide knapp an der 70 und haben natürlich den Westen (zum einen Ffm und zum anderen DO) zu einer ganz anderen Zeit erlebt als vielleicht du, Tamara. Für uns ist der Unterschied von früher zu heute im Rhein-Main-Gebiet wahrscheinlich viel drastischer.

    Gefällt 1 Person

  5. Ich bin vor 25 Jahren aus Hessen nach Berlin gezogen – weil es mich irgendwie hier her zog. Und bereut habe ich es nicht, aber ich merke, gerade wo ich nun etwas älter werde, und vor allem auch, seit meine Mutter nicht mehr lebt, die ich sonst immer noch regelmäßig im Taunus besucht habe, dass die Heimat mir auch fehlt. Das sind eben diese frühen Prägungen aus der Jugend, die man nie vergisst und wo die Erinnerungen immer schnell geweckt werden können… und die man vielleicht auch erst so richtig zu schätzen lernt, wenn sie verlorenzugehen drohen. Denn so gern ich in Berlin wohne (ich wollte nie in Frankfurt leben, obwohl ich da drei Jahre studiert habe), ich glaube, begraben werden möchte ich gern in der alten Heimat… Merkwürdig, oder?

    Gefällt 1 Person

  6. Nun, es gibt um Meißen herum genug Möglichkeiten zum Wandern. Spaargebirge, Bosel, Siebeneichen, Proschwitz, Triebischtal, Stadtwald usw.

    LG aus Meißen

    Like

Hinterlasse einen Kommentar