Lebe Deinen Traum – Mein Leben als Selbstversorger Teil 2 Das Abenteuer beginnt

Gastbeitrag von Robert, Ex-Banker und Selbstversorger

Wer den spannenden 1.Teil lesen möchte, kann dies gerne hier tun!

Das Grundstück und unser Haus

Das Auswandern in ein anderes Land kann Fluch und Segen zugleich sein, im Speziellen wenn die Fremdsprachenkenntnisse, «jedno pivo, prosim – ein Bier, bitte», nicht übersteigen. Aber das ist nur ein Teil, am Schlimmsten sind die Automatismen und Gewohnheiten, die einen so schön jahrelang begleitet haben.

Das Tschechien des Jahres 1999 war ganz anders als das, was man von der Schweiz her gewohnt war. Die Lebensmittelgeschäfte hatten ein überschaubares Warenangebot und mir völlig unbekannte Produktnamen. Dafür gab es Eisenwarengeschäfte mit Haushalts- und Gartenartikeln, die an Großmutters Zeit erinnerten, was sich jedoch noch als Glücksfall heraus stellen sollte. Der Gang durch die Amtsstuben, Finanzamt, Polizei, Anmeldeamt: Eine Geduldsprobe. Amtsstunden waren nur am Montag und Mittwoch, was zu sehr langen Wartezeiten- und Schlangen führte. Das zweites Wort, das ich sehr schnell lernte, war: „žádost“, was „ der Antrag“ bedeutet. Ohne den geht in Tschechien nämlich fast nichts.  An dem Wort žádost sieht man die komischen Zeichen über gewissen Buchstaben, diese können in einigen Fällen zu echten Zungenbrechern ausarten und waren für mich eine sehr hohe Herausforderung.

Der Grundstückskauf gestaltete sich um Einiges komplizierter als wir uns das ausgedacht hatten. Da war es einmal zu klein, dann die falsche Region, oder ein Fantasiepreis. Dann endlich nach einem dreiviertel Jahr hatten wir es gefunden, 1 Hektar mit ein paar vor dem Verfall stehenden Gebäuden und einer Scheune, das Ganze zu einem kleinen Hof geformt. Eine kleine tschechische Unsitte störte uns aber. Die eine Hinterseite eines Gebäudes war die Grundstückgrenze, nicht gerade das Optimum. Also Verhandlungen mit zwei verschiedenen Parteien, wenn – ja wenn da nicht noch ein weiterer Wunsch gewesen wäre. Eine Wiese mit ca.  3000 m² würde optimal zu unserem Objekt der Begierde passen. Also wenn schon, denn schon, wieder Verhandlungen mit drei Parteien. Auch diese Klippe meisterten wir und nach vier Wochen Warten auf die Grundstückübertragung, waren wir stolze Besitzer von einigen Hektaren, ein paar, dem Verfall nahestehenden Gebäuden, zwei Scheunen und zwei Trinkwasser Brunnen. 2.5 Hektaren planten wir zu bewirtschaften, den Rest haben wir verpachtet.

Die Nebengebäude teilrenovieren, unbrauchbare Wohngebäude abreißen, Grundstück einzäunen, ehemalige Äcker zu Wiesen umwandeln, ca. 2.500 Laub- und Nadelbäume setzen, das alles war viel Arbeit und die Zeit verging wie im Flug. Durch die körperliche Arbeit draußen, bekam der vom Wohlstand leicht verformte Körper wieder die Ausmasse und Kraft, die an frühere Zeiten erinnerten. Das Zurechtformen des Grundstückes nach unseren Vorstellungen war ein Knochenjob! Das stand so nicht in unserer Selbstversorger-Bibel. Und dann endlich, nach einer kaum enden wollenden Zeit, stand auch unser neues Zuhause. Große Küche, Speisekammer, einige Zimmer und zwei Holzöfen. Die Unabhängigkeit vom Gas- bzw. Öllieferanten. Freiheit!

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