Lebe Deinen Traum – Mein Leben als Selbstversorger Teil 3 Das Bewirtschaften

Gastbeitrag von Robert, Ex-Banker und Selbstversorger

Das Bewirtschaften – trial and error

Mein Land ist mein Kapital, das wenn ich behutsam mit ihm umgehe, es mir mit Gemüse, Früchten und Fleisch dankt. Das heißt, ich muss ständig versuchen die verschiedenen Komponenten möglichst optimal auf einander abzustimmen. Die «Landwirtschaft« findet draußen statt, dies ist die erste Lektion, die der Umsteiger zu lernen hat. Mal fällt Schnee im April, mal gibt es einen verregneten Sommer. Es gibt immer ein «Mal», aber immer ein anderes, als man denkt. Das lehrte es mich, sehr schnell, flexibel zu werden und immer zu versuchen einen Plan B und C im Hinterkopf bereit zu halten. Schlechte Erfahrungen habe ich gemacht, wenn ich versuchte, meinen Kopf gegen die Natur durchsetzen zu wollen. Ich zog in den allermeisten Fällen den Kürzeren. Trial and error – Versuch und Irrtum.

Und nicht alles, was der «Städter» als Unkraut bezeichnet und bekämpft ist nutzlos, sondern genau das Gegenteil. Zum Beispiel ist die Brennnessel für Mensch und Tier ein Lieferant von Flavonoiden, Magnesium, Kalzium, Eisen uvm. Als Jauche im frühen Stadium zum Bekämpfen der Kohlfliege, im späteren Stadium, man riecht es, als Dünger oder frisch als Beigabe in einem Salat. Die Natur bietet für fast alles eine Lösung.

Ein Selbstversorger-Hof ohne Tiere, das gibt es nicht. Die wichtigsten sind sicher das Geflügel, also Hühner, wegen den Eiern, Gänse, weil sie das Grasfutter sehr gut in Fleisch umsetzen und wenn man einen Teich hat Enten, die Schnecken und Frösche lieben. Wer ein grösseres Land bewirtschaftet, hat noch Schafe wegen des Fleisches und Ziegen, wegen der Milch und Frischkäse. Das sind die Tiere, die mit uns auf dem Hof leben.

Ausprobiert haben wir noch andere Tierarten, wie Truthähne, Hasen, Hängebauchschweine u.a. Trial and error. Die jetzige Auswahl ist für uns momentan optimal. Aber das wichtigste «Nutztier» fehlt in der Aufzählung, nämlich die Bienen, die nicht nur den Honig liefern, sondern noch viel wichtiger, die Pflanzen bestäuben. Ohne Bestäuben keine Früchte und weniger Gemüse. Das wird das nächste Winterprojekt.

Selbstversorger oder Landwirt?

Ist der Selbstversorger einfach ein Landwirt – nur in klein? Aus meiner Sicht, nein. Der Landwirt, dessen Hof schon seit Generationen besteht, hat eine Familie zu ernähren und wird zwischen den Forderungen des Handels und den Auflagen des Landwirtschaftsministeriums regelrecht zerquetscht. Sie glauben mir nicht? Dann schauen Sie sich mal die Selbstmordrate der Landwirte an. Auch lassen sich die Selbstversorger nicht so einfach über einen Kamm scheren. Jeder interpretiert die Rolle des Selbstversorgers, seinen Gegebenheiten angepasst, individuell.

Schlachtet er oder schlachtet er nicht? Jawohl ich schlachte, denn es wäre illusorisch anzunehmen, ich könnte alle Tiere inklusive aller jährlich geschlüpften bzw. geborenen Jungtiere immer zu durchfüttern. Alle meine Tiere haben ganzjährlichen großen Auslauf und werden so natürlich wie nur möglich gehalten. Während in der industriellen Landwirtschaft ein Huhn maximal 42 Tage lebt, sind es bei mir 180, manchmal auch mehr Tage. Der Selbstversorger ist aber auch Geburtshelfer, die Flaschen-Mama und der Doktor für kleine Notfälle. Auch gehe ich mit dem geschlachteten Tier respektvoll um, das bedeutet, dass alles Essbare verwertet wird. Möglichst keine Abfälle produzieren. Aus einem Huhn gibt es am 1. Tag (Hauptmahlzeit) eine kräftige Hühnersuppe mit Gemüse (Hals, Magen, Herz, Flügel und Füssen). Am 2. Tag (Vorspeise Rest Suppe), Hauptgang das halbe Huhn mal aus dem Ofen, mal anders zubereitet. Am 3. Tag den Rest vom Vortag.

Kann man vom Ausleben der Philosophie Selbstversorger leben? Nein, denn sonst gleitet man schnell in den Bereich des Landwirtes ab. Selbstversorger zu sein, das ist ein Lebensgefühl!

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