Gastbeitrag von Dr.rer.nat. Olaf Otto Dillmann, Diplom-Geologe
Deutschland früher
Im Jahre 1848 kam es in Deutschland zu einer nationalen Erhebung, die den Charakter einer
Revolution hatte. Vorausgegangen waren drei Jahrzehnte der von Repressalien
gekennzeichneten Zeit der Restauration. Aus den Freiheitskriegen gegen die
französische Fremdherrschaft waren das Bürgertum, die Handwerkerschaft und die
akademischen Kreise als Träger des Widerstandes mit gestärktem politischen
Selbstbewusstsein hervorgegangen. Doch ihre Forderungen nach nationaler Einheit
und bürgerlichen Freiheiten blieben ungehört. Stattdessen suchten die Feudalherren
und deutschen Territorialfürsten ihre alleinige politische Macht zu restaurieren. Unter
Fürst von Metternich setzte die Bekämpfung jedweder nationalen und demokratischen
Bestrebungen ein, die in den Karlsbader Beschlüssen von 1819 ihre Manifestation
fand. Nicht wenige Akademiker wurden als Demagogen verfolgt, mit Berufsverbot
belegt oder – wie der Dichter unserer Nationalhymne, Hoffmann von Fallersleben – ins
Exil getrieben. Das Bürgertum zog sich ins Privatleben zurück – es war die Zeit des
Biedermeier. Doch unterschwellig formierte sich der Widerstand gegen Fürstenwillkür
und die territoriale Zersplitterung Deutschlands – die Zeit des Vormärz. Im März des
Jahres 1848 brach – inspiriert durch eine neuerliche Revolution in Frankreich – auch in
vielen Teilen Deutschlands die Revolution aus.
Deutschland heute
Nach zwei Jahrhunderten befinden wir Deutschen uns in einer ähnlichen Situation. Die
innenpolitische Lage ist wiederum gekennzeichnet von repressiven Maßnahmen einer
autokratischen Regierung, die vorgibt, demokratisch legitimiert zu sein.
Aber auch das Feudalsystem des 18. und 19. Jahrhunderts schob eine Legitimation vor: Das
Gottesgnadentum. Kritiker des herrschenden Systems werden diffamiert und
kriminalisiert, Zensur wird geübt. Nicht selten werden von Systemvorgaben
abweichende Meinungen vor Gerichten mit härteren Strafen als Gewaltverbrechen
belegt. Die Meinungsfreiheit und andere bürgerliche Freiheiten sind bedroht. Kurzum, wir befinden uns in einem neuen zweiten Vormärz. Standen 1848 die Durchsetzung der nationalen Einheit Deutschlands und bürgerlicher Freiheiten gegen Fürstenwillkür im Vordergrund nimmt heuer die soziale Gerechtigkeit einen nicht geringeren
Stellenwert ein. Der Kampf gegen den Blutadel ist vom Kampf gegen die
selbsternannten reaktionären Geld- und Politikeliten ersetzt.
Dr. Olaf Otto Dillmann findet Ihr auch auf Twitter: https://twitter.com/dillmann_dr
