Mein gestriger Ausflug in ein tschechisches Einkaufszentrum in Liberec war mehr als deprimierend. Leider ist das öffentliche Leben hier Corona-sei-Dank seit ein paar Tagen und dem neuen Gesundheitsminister Tschechiens, seines Zeichens Coronahardliner, heftig eingeschränkt.
Sturm- und Drangzeit einmal anders
Trotzdem wollte ich mal „raus“ und so fuhren wir bei Sturm und Regen in Richtung großer Kreisstadt Liberec, um dort in einem Einkaufszentrum ein wenig zu bummeln und ein paar Dinge zu erledigen. Eine Stunde sowie zwei nervige Baustellen-Staus später endlich entnervt angekommen, fiel uns schon beim Parken in der riesengroßen unterirdischen Parkebene auf, dass kaum Autos dort parkten.
Mit Einkaufslust und Maske bewaffnet betraten wir das Einkaufszentrum und stellten sofort fest, dass irgendetwas anders war. Irgendwie schien alles dunkler als sonst zu sein und es waren kaum Menschen unterwegs. Es war sehr still und die paar wenigen bemundschutzten Menschen, die uns begegneten, starrten resigniert und mit leeren Augen drein und hasteten schnell an uns vorüber, als wollten sie dieses desolate Einkaufselend schnell hinter sich bringen. Ein wenig kam es mir vor, als wäre fast die gesamte Menschheit bereits von Außerirdischen in großen Raumschiffen abgeholt worden aber uns paar Männeken hätte man einfach vergessen. Und so irren wir vergessenen Seelen desillusioniert herum in einem verlassenen Einkaufszentrum und verstehen die Welt nicht mehr.
Auch in den Ladengeschäften herrschte gähnende Leere. Und zwar in ausnahmslos allen Geschäften, also in denen, die überhaupt noch geöffnet hatten. Oder besser gesagt jene, die geöffnet haben durften. Denn von Freiwilligkeit kann ja hier nicht die Rede sein. Gelangweilte Verkäuferinnen mit noch gelangweilteren Gesichtern standen sich untätig die Beine in den Bauch und zählten innerlich die Minuten bis zum schlecht verdienten Feierabend. Sämtliche Restaurants, Cafés, Bistros sowie der komplette Food-Court waren mit Sperrbändern und Sperrgittern abgeriegelt. Auch das große Globus-SB-Restaurant, das sonst brechend voll ist, hatte geschlossen. Ein paar Leute standen enttäuscht, ungläubig und hungrig am Eingang des Restaurants und wollten nicht glauben, dass sie heute mit knurrendem Magen wieder nachhause gehen mussten. Wie Wunden muteten die gesperrten, dunklen Gastronomiebereiche im Shoppingcenter an und mit ihnen verloren ging das Leben und die quirlige Lebendigkeit, die einem Shoppingcenter sonst zu Eigen ist. Traurige Tristesse in einer desolaten Destination, der das sonst pulsierende Shoppingherz brutal herausgeschnitten wurde. Keine gemütliche Kaffeepause war mehr möglich. Kein verdientes, leckeres Essen nach einem anstrengenden Powershoppingtag. Nichts war mehr so, wie es einmal war.
Traurigkeit machte sich mehr und mehr in mir breit. Durch einen Schnupfen, oder durch meine Dauerallergie, ich weiß es nicht, musste ich andauernd niesen und mir die Nase putzen. Und das mit der Maske. Ein unmögliches Unterfangen. Mit der Zeit wurde mir schummrig schwindlig und ich wurde immer träger und müder, wohl durch das Kohlendioxid, das ich durch mein Ausatmen ständig selbst wieder einatmete. Eigentlich wollte ich nur noch raus, endlich wieder frische Luft schnappen. Meine Kauflust war vergangen und selbst das Nötigste, ein paar Lebensmittel und eine Bratpfanne holten wir im Schnelldurchlauf beim Globus. Dann ging es nur noch raus aus diesem einst pulsierenden Konsumtempel, der zu einem Haus der verlassenen Seelen verkommen war.
Und die Moral von der Geschicht
So wird es nicht nur in Tschechien sein. Weltweit wird die Konsumlaune immer weiter abflachen. Wofür in Gottes Namen soll man sich denn auch noch schicke Sachen zum Anziehen, Schmuck oder Schminke kaufen? Zuhause, wohin wir verbannt werden, brauchen wir all den Schnickschnack ja doch nicht. Man(n), vor allem Frau, kauft sich meistens Dinge, die sie dann auch gerne ausführt. Entweder bei einem netten Essen oder auf einer Party oder bei sonstigen Anlässen, wo Menschen zusammen kommen. Das dürfen wir aber nicht mehr. Zusammenkommen und gesellig sein, das ist jetzt böse und soll vermieden werden. Zwar haben wir keinen Lockdown aber faktisch eben doch. Denn all die Maßnahmen stehen in ihren Auswirkungen einem Lockdown in nichts nach.
Wie geht es weiter?
Nun, die Zahlen werden steigen, weil immer mehr getestet wird. Das wird sich weiter hochschrauben und die Corona-Apokalyptiker weiter in ihrem Tun bestätigen. Nun gibt es ja einen neuen Stern am Corona-Firmament. Und zwar Michael Meyer-Hermann – Leiter am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Er berät nun Merkel in Sachen Corona und er fordert, wie könnte es auch anders sein – striktere Maßnahmen, um das Killervirus Corona zu bekämpfen. Gestern brachte er Ausreiseverbote ins Spiel. Ich vermute, aus Spiel wird bald ernst und die Ausreiseverbote werden kommen. Weiter vermute ich, dass die meisten Menschen auch das mit sich machen lassen werden. Zu weit fortgeschritten ist deren Trägheit, Staatshörigkeit und Untertanengeist bereits, als dass sich das noch einmal umkehren ließe.
