Dekowahn – Massenware für Massenmenschen

Sicher kennt Ihr auch alle diese Depot-Läden? Ich vermute mal, vor allem die Frauen werden diese Dekoläden des Grauens, deren Filialen in mehr oder weniger allen Städten anzufinden sind, kennen.

Ich gebe ja zu, dass ich hin und wieder auch dem inneren Deko-Zwang nicht widerstehen konnte und diesen Laden betreten habe. Und nicht nur betreten, nein, ich habe sogar Dinge dort erworben.

Jedoch habe ich es meist, kaum war ich zuhause, bitter bereut, Geld ausgegeben zu haben für unnützen Tand, der meist aus China kommt und in keinster Weise irgendeinen Wert, geschweige denn eine Daseinsberechtigung hat. Unnützes Zeug, das zuhause nur herum steht und einstaubt.

Viel Schrott für viel Geld

Wann ist das überhaupt in Mode gekommen, die Wohnung auf Teufel komm raus, je nach Saison umzudekorieren? Irgendwann einmal vor vielen Jahren fiel mir zum ersten Mal dieser Laden auf. Es war in Darmstadt. Damals steckte er noch in den Kinderschuhen und die Inneneinrichtung sowie die Präsentation der Artikel waren einfach und funktional. Es sah damals mehr nach einer Art Lagerverkauf für Tinnef und Nippes aus und lud – jedenfalls mich – nicht wirklich zum längeren Verweilen, geschweige denn, zum etwas Erwerben ein. Aber irgendwie schien dieser Laden anzukommen bei den Frauen und innerhalb kürzester Zeit weitete er sich zu einem Deko-Imperium aus. Mittlerweile findet man diese Läden an prominenten Innenstadtlagen und auch was die Präsentation und Ausstattung betrifft, können die sich jetzt wirklich sehen lassen.

Betritt man diesen Laden, gibt es je nach Jahreszeit und Anlass verschiedenste Themenwelten. Alles ist farblich aufeinander abgestimmt und es ist wirklich recht nett anzusehen. Die Beleuchtung tut das Ihrige dazu und fertig ist eine Deko Zauberwelt, der Frau kaum widerstehen kann. Männer sieht man dort allenfalls in Begleitung ihrer Frauen. Ansonsten verirrt sich kaum ein Mann von sich aus in diesen Dekohorrorladen der unnützen Dinge. Es ist, genau wie der Drogeriemarkt, bevorzugtes Revier der Damen der Schöpfung. Anscheinend sind sie aufgrund der Genetik einfach prädestiniert, das Heim einzurichten und zu dekorieren. Das wussten wohl auch die Erfinder von „Depot“ und die lassen sich ihre geniale Idee seither fürstlich bezahlen. Denn der Kram, der dort verkauft wird, ist richtig teuer. Meist kauft man dort nicht nur eine Kerze. Nein, man kauft gleich noch das passende Behältnis samt sonstiger Staffage wie passender Servietten, Granulat sowie den Tischläufer und gleich noch die Sofakissenbezüge mit dazu. Schließlich kommt jetzt Weihnachten und das geht ja gar nicht, dass man da noch die Frühlingskissenbezüge in Pastellfarben von Ostern auf dem Sofa liegen hat. Da hat Frau auch ihren Stolz.

Ich dekoriere also bin ich

Also geht man mit einer großen Tüte Dekoartikel und einem noch größeren schlechten Gewissen wieder nachhause. Eine Tüte voll unnützer Dinge, die, kaum sind sie zuhause ausgepackt, schnell ihren Glanz verlieren. Denn bei Lichte und nüchtern betrachtet, wirkt dieser depperte Dekotand, wenn er da allein für sich auf dem Fensterbrett herumsteht, plötzlich mehr gar nicht so attraktiv, wie im Laden, wo er sich in bester farblicher und thematischer Gesellschaft der vielen anderen Dinge befand. Nun ja, jetzt ist er halt da…

Ich frage mich, wie es dazu gekommen ist. Woher kommt dieser Dekowahn? Woher das Bedürfnis, seine Wohnung ständig umzudekorieren? Tut man es, weil es halt einfach Mode ist und weil es jeder macht? Der Herdentrieb lässt grüßen.  Oder steckt noch mehr dahinter?

Meine Theorie ist: Es ist die Langeweile, der Überdruss und die Unzufriedenheit. Irgendwie scheinen die Leute immer wieder etwas Neues zu wollen, weil das Alte langweilig geworden ist. Lieber kauft man sich alle paar Monate neuen Tand, als dass man sich an einem wirklich wertvollen Gegenstand, vielleicht einem kostbaren Reisemitbringsel oder einem Erbstück, wie Omas Vase oder einem schönen Gemälde erfreut. Alles wird der Mode unterworfen. Und alles Alte wird ausrangiert und gering geachtet. Die Leute früher hatten viel weniger, aber meistens hatten sie die weitaus schöneren und wertvolleren Gegenstände. Und vor allem glich nicht eine Wohnung der Anderen, so wie dies heute oftmals der Fall ist. Heute gilt oft: Kennst Du eine Wohnung, kennst Du alle Wohnungen. Möbel von IKEA, Deko von Depot und Kleidung von Esprit, Street One & Co. Und fertig ist der Baukasten-Einheitsmensch mit Einheitsmeinung und Einheitsgeschmack. Quadratisch. Praktisch. Austauschbar.

Massenware für Massenmenschen

Ich glaube, die Menschen versuchen ihren Selbst-Wert und auch ihre Zufriedenheit ein stückweit durch ihre Einrichtung und die Dekorations-Gegenstände zu beziehen. Da sie diese nicht mehr aus ihrem Inneren beziehen, müssen es eben die äußeren Dinge richten. Es ist im Inneren wie im Äußeren alles beliebig und austauschbar geworden. Masse statt Klasse.

Natürlich finde ich es nachwievor auch schön, die Wohnung dem Anlass entsprechend ein wenig zu dekorieren. Ich mag  gerade die Frühlings- und Osterzeit und habe Gefallen an den zarten, pastelligen Frühlingsfarben, die mir die Wohnung nach dem dunklen und trüben Winter in eine fröhliche Frühlingsoase verwandeln. Jedoch kaufe ich lieber nach dem Motto: Weniger ist mehr. Und um Depot mache ich seither einen großen Bogen.

2 Kommentare zu „Dekowahn – Massenware für Massenmenschen

  1. Nudging – wie könnte es anders sein. Die Werbefritzen, es gäbe da noch ein paar andere Benennungen, da aber Weihnachten vor der Türe steht, belasse ich es bei Werbefritzen, wissen sehr genau, wie sie die Zielgruppe Frau, um den Finger wickeln können. Bei uns Männern ist es das Thema Auto und der Baumarkt.

    Das kaputte und korrupte Geldsystem verlangt nach immer höheren Konsum, denn die Aktionäre und Manager gieren, gleich dem Drogen Junkie, nach immer höheren Gewinnen und Boni. Da ist kein Platz für Nachhaltigkeit und Wertbeständigkeit. Der Rubel muss rollen und zwar in immer schnellerem Tempo. Ein Zeichen wie die Geldentwertung, einer Lawine gleich, immer schneller zu Tale rollt. Genau an dieser Geschwindigkeit lässt sich ablesen, wann die Lawine das Dorf im Tal erreicht und alles, innert kürzester Zeit unter sich begräbt. Dieses Ereignis kann man dem uns bevorstehenden Crash des Geldsystems gleichsetzen.

    Das weiss auch die Wirtschaft und um ihre schier unendliche Gier, zum Teufel komm raus (was für ein zutreffendes Wortspiel), nach mehr und noch mehr zu befriedigen, greift sie zur Allzweckwaffe „Konsum um jeden Preis“. Dazu ist ihr jedes Mittel recht, denn bestraft wird sie keinesfalls, oder nur gering. Manchmal wird eine Firma bestraft, aber da werde ich den Verdacht nicht los, dass da einfach ein lästiger Konkurenten ausgeschaltet werden soll.

    „Konsum um jeden Preis“ durch Obsolet (ein riesen Thema) und durch das Produkt mit einer Gefühlswelt zu verbinden. Eiin TV Spot einer deutschen Automarke zeigt mir eine rührende Geschichte einer ach so tollen und glücklichen Familie und wenn ich Schwein habe, sehe ich für 2 Sekunden das Auto, um das es eigentlich im Spot gehen soll. „Das Auto“ und „Das Team“ zeigt klipp und klar, es geht in der Werbung schon lange nicht mehr um das
    Produkt, es geht um die Scheinwelt. Ob Scheindemokratie oder“Schöne neue Welt“, es soll uns etwas auf indoktriniert werden, das uns einlullt und gefügig macht.

    Wer das Nudging nicht versteht, der befindet sich auf einem Trip, als hätte er an Pilzen geknabbert, die halluzinogene Zustände hervor rufen. Und so sind wir und die Wirtschaft beide Drogen Junikes. Die Frage, die jetzt im Raum steht: Wer ist der Lieferant der Drogen? Und damit meine ich nicht die willfährigen „Dorgendealer“.

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