Es begann an einem Samstag…

Kennst Du das auch? Du erwachst morgens, weil Dich die Sonnenstrahlen an der Nasenspitze kitzeln. Noch verschlafen blinzelst Du durch Deine Augen und versuchst Dich zu erinnern, was für ein Tag heute ist. Draußen in der Ferne kräht ein Hahn, den Du durch das gekippte Fenster hörst und der Dich wohl wieder einmal geweckt hat. Langsam und zaghaft tastet sich die Erinnerung vor. Es ist Samstag. Welch eine Freude!

Schöner freier Tag!

Das Wochenende steht bevor, die Arbeitswoche ist wieder einmal geschafft. Ein tolles Gefühl und dann noch Sonnenschein. Draußen zwitschern die Vögel – und was für ein Vogelkonzert sie geben. Extra für Dich. Wunderschön. Es ist Sommer – endlich, nach einem viel zu langen Winter. Die Natur erwacht, die Welt steht Kopf und nun hält Dich nichts mehr in den Federn. Die Kirchenglocken läuten zur achten Stunde des Tages. Du guckst noch kurz auf Deine neben Dir noch immer selig schlafende Frau. Die alte Langschläferin, denkst Du Dir. Wie kann man nur einen so schönen Morgen verschlafen? Voller Energie springst Du aus dem Bett und gehst zur Balkonfenstertür, öffnest sie und betrittst barfuß den schon angenehm von der Sonne erwärmten Holzbohlenboden. Dann räkelst und streckst Du Dich erst einmal genüsslich und ausgiebig in den warmen Morgensonnenstrahlen. Ist das schön. Herrlich strahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Unten siehst Du schon Deinen Nachbarn Martin in seinem Garten herum werkeln. Er holt gerade den Rasenmäher aus seinem halb vermoderten Holzschuppen, der am hinteren Ende seines Gartens steht. Der müsste auch mal wieder gestrichen werden, denkst Du Dir. Da fällt Dir ein, dass Du Dich heute auch endlich mal an den Rasen machen müsstest. Das Unkraut sprießt schon und man kann Waldi, den kleinen Rehpinscher, den Gabi letztes Jahr unbedingt wollte, kaum noch sehen, wenn er über den Rasen läuft. Nur noch seine Schwanzspitze ragt etwas über das Grün hinaus. Deine Gattin Gabi liegt Dir schon die ganze Woche in den Ohren, dass der Rasen endlich gemäht werden müsste. Hätten wir einen größeren Hund, so wie Du das gewollt hast, wäre das mit dem hohen Rasen auch kein Problem, denkst Du dir, pragmatisch wie Du bist. Den würde man wenigstens sehen und zudem wäre ein großer Hund auch ein Schutz gegen mögliche Einbrecher. Aber nein, es musste ja unbedingt diese Mini-Töle sein. Lieb ist er ja, der kleine Waldi und mittlerweile hast Du ihn ja auch ins Herz geschlossen.

Nun macht sich eine kleine Stimmungs-Eintrübung in Dir breit. Naja, denkst Du Dir, hilft ja nichts. Was muss das muss. Heute ist also Rasenmähen angesagt. Der Nachbar scheint Deine Blicke gespürt zu haben und guckt zu Dir rauf, wie Du da auf dem Balkon stehst mit Deinem hellblau leuchtenden Schlafanzug mit kleinen weißen Eisbären darauf, den Dir Gabi voller Begeisterung letztes Weihnachten geschenkt hat. Du findest ihn scheußlich und eines respektablen Mannes unwürdig, so etwas zu tragen. Aber Du brachtest es einfach nicht übers Herz, ihr dies unter dem Tannenbaum zu sagen. Sie war doch so begeistert. Also trägst Du nun halt diesen hellblauen Zweiteiler. Sieht ja keiner. Außer jetzt Martin, der Nachbar. Oh Schreck. Er winkt zu Dir hoch mit einem freundlichen „Guten Morgen“ und Du nickst, ein wenig peinlich berührt, zurück. Das hat jetzt gerade noch gefehlt. Er wird Dich nie wieder ernst nehmen. Schnell weg vom Balkon.

Trotzdem immer noch bestens gelaunt begibst Du Dich kurz ins Bad und ziehst Dich dann an. Kurze Hosen mit einem T-Shirt. Es ist schon warm draußen um diese frühe Zeit. Nun geht es los zum Bäcker. Brötchen holen. Das samstägliche Ritual. Dabei nimmst Du den kleinen Waldi mit, der schnell angelaufen kommt, als Du die Leine vom Haken nimmst und freudig hüpfend an Dir hochspringt, da er sein erstes Gassi des Tages kaum erwarten kann.

Zwei Männer am Gartenzaun

Als Du Dich verstohlen am Gartenzaun Deines Nachbarn vorbeistehlen möchtest und so tust, als würdest Du mit Waldi schimpfen, bemerkst Du aus den Augenwinkeln, wie er sich noch immer gebückt an seinem Rasenmäher zu schaffen macht aber prompt hochguckt, als hätte er nur auf Dich gewartet. In diesem Augenblick hoffst Du für den Bruchteil einer Sekunde, dass er den hellblauen Schlafanzug mit den kleinen weißen Eisbären darauf vergessen hat und tust ein wenig geschäftig. Aber da kennst Du Martin schlecht. Wenn er reden will, dann will er reden. Da er aber ein netter Kerl ist, haltet Ihr eben, wie jeden Samstagmorgen, Euer morgendliches Schwätzchen am Gartenzaun. Er weiß immer viel Neues aus der Nachbarschaft zu berichten und manches ist ja gar nicht mal so uninteressant. Zum Beispiel, dass bei Schmidts, zwei Häuser weiter, gerade der Haussegen seit ein paar Tagen schief hängt. Aha, interessant, also das hättest Du nie von ihnen gedacht. Die sehen doch immer so glücklich aus, wenn sie zusammen sind. Während Martin weiter redet wie ein Wasserfall, überlegst Du Dir schon, wie viel und welche Brötchen Du heute nehmen wirst. Langsam wirst Du doch ein wenig ungeduldig, denn Du möchtest endlich frühstücken und Kaffee trinken. Schließlich weckt Martin Dich unsanft aus Deinen Gedanken, die inzwischen sehr weit abgeschweift sind und bei frischen Brötchen und lecker duftendem Kaffee verweilen, indem er Dich für Abends zum Grillen und Fußball gucken einlädt. Sofort bist Du wieder voll da. Es ist Fußballweltmeisterschaft und am Abend spielt Deutschland gegen Italien. Achtelfinale. Der Klassiker. Du bist nicht abgeneigt, vor Allem weißt Du, dass Martin oder viel mehr seine Frau Monika dann wieder alles auffahren wird, was eines Mannes Herz begehrt. Würstchen, Bier, Steaks, Bier, Rippchen, Bier und nochmals Bier. Und dann diese leckeren Salate von Monika. Da könnte sich Deine Gabi noch eine Scheibe von abschneiden, denkst Du Dir. Also sagst Du gleich begeistert zu. Das wird bestimmt lustig und ein schöner Abend. Martin will seinen neuen 120-Zoll Fernseher auf seiner Terrasse aufstellen. Jetzt kommt Dir plötzlich der Gedanke, dass es eigentlich endlich Zeit wird, für einen neuen und größeren Fernseher. Der Alte ist schon über 5 Jahre alt und viel zu klein. Das ist doch viel besser, gerade jetzt die Fußballspiele der WM auf einem größeren Bildschirm sehen zu können. Dein Herz beginnt zu pochen und jetzt rotierst Du innerlich. Wie kannst Du das nur Gabi verkaufen?

Inzwischen ist Waldi ungeduldig geworden und fängt an zu kläffen und an der Leine zu ziehen. Wäff, wäff. Also geht es weiter in Richtung Bäcker, nicht ohne vorher noch eine Uhrzeit für den Abend zu vereinbaren. Du versprichst noch, dass Gabi auch einen Salat machen wird und gehst dann fröhlich und schnellen Schrittes Deines Weges in Richtung Bäcker.

Morgens beim Bäcker

Dort angekommen siehst Du schon die lange Schlange bis auf die Straße stehen. Mist. Zu spät. Lauter Männer, die teilweise noch halb verschlafen aus der Wäsche gucken, stehen dort und warten, bis sie endlich an der Reihe sind. Komisch, denkst Du Dir, warum eigentlich immer die Männer das Vorrecht haben, morgens die Brötchen holen zu dürfen. Nun beginnt das langweilige Warten bis Du endlich an der Reihe bist. Waldi hast Du am Fahrradständer ein paar Meter weiter angeleint und redest nochmal beruhigend auf den kleinen Hund ein. Er guckt Dir traurig nach, wie Du ihn dort zurücklässt, Dich ans hintere Ende der Schlange stellst und dann in Dein Schicksal ergibst. Warten. Endlich an der Reihe, wirst Du von der Verkäuferin jäh aus Deinen Tagträumen von 120-Zoll-Fernsehern und den leckeren Grillsteaks, die Dich heute Abend erwarten, gerissen. Welche Brötchen wolltest Du eigentlich nehmen? Das hast Du ganz vergessen. Der Einfachheit halber nimmst Du einfach die, die Du immer nimmst. Ein Sesam- und ein Mohnbrötchen, zwei Körnerbrötchen und zwei Croissants.

Und nun geht‘s mit der Tüte warmer, duftender Brötchen schnellen Schrittes zurück nachhause. Gabi hat bestimmt schon den Frühstückstisch gedeckt und Kaffee gekocht. Du überlegst immer noch krampfhaft, wie Du ihr schonend beibringen wirst, dass Du einen neuen Fernseher kaufen möchtest und dass sie für den Grill- und Fußballabend bei den Nachbarn heute Abend noch einen Salat machen muss. Irgendetwas stimmt aber nicht, denkst Du Dir. Fast zuhause angekommen, fällt es Dir siedend heiß ein. Waldi! Du hast Waldi vergessen. Das gibt’s doch nicht. Dir wird heiß und kalt. Wie konnte denn das passieren? Also schnell wieder zurück zum Bäcker. Martin, der sich immer noch am Rasenmäher zu schaffen macht und diesen nun schon halb auseinander genommen hat, guckt Dir fragend hinterher. Egal, keine Zeit für Erklärungen. Mit schlechtem Gewissen fast beim Bäcker angekommen, siehst Du den kleinen Waldi jämmerlich jaulend am Fahrradständer sitzen. Dann sieht er Dich und beginnt freudig zu bellen, zu hüpfen und zu springen, so dass Du schon Angst bekommst, er könnte sich an der festgezurrten Leine strangulieren, das kleine hilflose Kerlchen. Du bist am Boden zerstört. Wenn das Gabi wüsste. Schnell bückst Du Dich, um den kleinen Waldi loszumachen und dabei fällt Dir die Brötchentüte aus der Hand und die Brötchen kullern über den dreckigen Erdboden. Sofort ist Waldi mit seiner Schnauze daran und beginnt hektisch zu schnüffeln und zu schlecken. Aus! Waldi!  So ein Mist aber auch. Was tun? Die Männerschlange beim Bäcker ist noch länger geworden. Jetzt nochmals hinten anstellen, um neue Brötchen zu holen? Das dauert ja ewig, denkst Du Dir und Gabi wird bestimmt sauer, wenn Du so spät zurückkommst. Und das kannst Du gerade heute überhaupt nicht gebrauchen. Du willst doch einen neuen Fernseher und dann noch der Grillabend und der Salat, den Gabi machen muss. Nein, Du darfst nicht zu spät kommen. Sonst ist es Essig mit dem Fernseher und der Abend fällt ins Wasser. Also sammelst Du schnell die Brötchen vom Boden auf, schüttelst den Dreck ein wenig ab und packst sie in die Tüte zurück. Nicht ohne die stechenden Blicke der interessiert guckenden, herumstehenden Männer im Rücken zu spüren.

Jetzt aber schnell zurück. Du kannst es kaum erwarten, bald am schön gedeckten Frühstückstisch zu sitzen und der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee, den Du so sehr liebst, steigt Dir schon gedanklich in die Nase. Endlich, etwas außer Atem, zuhause mit Hund und Brötchen angekommen, leinst Du Waldi los und gehst dann in Richtung Küche. Und Du riechst…hmmmm, riechst …ja, was riechst Du? NICHTS! Kein Kaffeegeruch. Kein gedeckter Tisch in der Küche. Keine Gabi. Was ist denn hier los? Wo ist Gabi? Wo ist der Kaffee? Das darf doch wohl nicht wahr sein, denkst Du Dir. Du gehst schnellen Schrittes die Treppe nach oben in Richtung Schlafzimmer, betrittst den Raum und traust Deinen Augen nicht….

Die Fortsetzung lest Ihr hier: „Es begann an einem Samstag…. Teil 2″

5 Kommentare zu „Es begann an einem Samstag…

  1. Danke, in Prosa mag ich solchen Ablauf. Auch ist es möglich dass eine Besetzung mit Waldi seine Ahnen in Österreich lassen mußte. Mir kommt daran etwas bekannt vor. Auch ist es möglich dass ich mich täusche und nur die Lokation unbekannt bleibt, wie dem auch sei es ließt sich gut und flüssig.

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